Kurze Begriffserklärung
Ganz grob gesagt, bedeutet Plein Air so viel wie Freilichtmalerei. Beim Plein Air wird draußen in der Natur gemalt. Dabei liegt der Schwerpunkt mehr auf landschaftlichen Aspekten, wobei beim ebenfalls meist draußen stattfindendem “Urban Sketching” eher Personen oder Stadtlandschaften in den Fokus rücken.
Inhaltsverzeichnis
Wie kam ich zum draußen malen?
2021 habe ich im Berchtesgaden-Urlaub zufällig den Boesner Kunstbedarfsshop in Bad Reichenhall gefunden. Und wie viele andere Kreative konnte ich da nicht einfach dran vorbei spazieren. Also bin ich hinein gestiefelt und habe mir in Windeseile ein kleines Skizzenbuch, einen Pinsel und eine Mini-Watercolor-Palette zusammengesucht. In Windeseile deswegen, weil der Mann sich ganz besonders gern die Füße in einem Laden für Malbedarf platt steht…
Meine Wahl fiel damals auf ein Skizzenbuch von Hahnemühle und den Cotman-Watercolor Kasten von Winsor & Newton. Bis dato habe ich nichts anderes als die Aquarellfarben von Schmincke genutzt und war dementsprechend skeptisch. Was soll ich sagen – mittlerweile nutze ich beinahe ausschließlich die Winsor & Newton-Farben, aber das nur am Rande.
Meine “Beute” sollte dann natürlich auch gleich genutzt werden. Und so kam es dazu, dass ich in diesem Urlaub das erste Mal draußen gemalt und Blut geleckt habe.
Die Hürden beim draußen malen
Vor Ort zu malen ist etwas komplett anderes als zuhause am Tisch. Ständig ändert sich das Licht. Du hast meist andere (und minimalistischere) Utensilien dabei, als du gewohnt bist. Eventuell sitzt du gekrümmt auf einem Baumstumpf oder stehst sogar. Und vielleicht kommen Leute vorbei und schauen über deine Schulter.
Das alles kann für Stress sorgen. Persönlich hatte ich gerade zu Beginn meiner Plein-Air-Abenteuer immer das Gefühl, als ob ich keinen blassen Schimmer vom Malen hätte. Als ob all mein Wissen über Farben anmischen, Komposition und das richtige Verhältnis von Wasser zu Pigment nie vorhanden gewesen wären.
2023 wird alles anders… oder nicht?
Um diesem Frust aus dem Weg zu gehen, hatte ich für 2023 beschlossen, draußen erstmal nur zu zeichnen. Mit dem Bleistift fühle ich mich sicher und über Wasserflecken oder die richtige Farbwahl muss ich mir dann erst recht keine Gedanken machen.
An diesen Plan habe ich mich ganz genau zweimal gehalten.
Danach hat es mir in den Fingern gejuckt, endlich wieder einen Pinsel zu schwingen. Der erste Versuch war dann auch etwas holprig. Allerdings hatte ich eine wunderbare Begegnung mit einer älteren Dame, die just in dem Moment vorbei kam, als ich noch zähneknirschend über meinem Werk hing. Die liebe Frau war nicht nur sehr angetan von meiner aktuellen Arbeit, sondern ließ sich auch gleich das gesamte Skizzenbuch zeigen.
Auf mein beschämtes Genuschel von wegen “ich übe noch und so”, entgegnete sie: “Sie müssen Ihre Arbeit andere sehen lassen.”
Und sie hat vollkommen recht! Ich selbst kann meine Arbeit schlecht beurteilen. Schon gar nicht, wenn ich sie unentwegt angestarrt habe und nur all die Stellen bemerke, die eben nicht so dolle geworden sind. Andere haben einen frischen und auch vollkommen anderen Blick auf das, was sich in unseren Skizzenbüchern befindet.
Wie sieht eigentlich ein Baum aus?
Trotz des Lobes gab es für mich ein Problem zu bewältigen: Nämlich, dass ich keinen blassen Schimmer davon hatte, wie ich Bäume malen soll. Normalerweise werfe ich ja eher Korallen aufs Papier. Also habe ich das Problemchen am Schopf gepackt und einen ganzen Sonntag dem Studium von Bäumen gewidmet.
Danach hatte ich eine recht gute Vorstellung davon, was mir gefällt und was nicht. Außerdem kam bei den Studien eine weitere Hürde zum Vorschein: Der Versuch, sämtliche Details und auch die Farben akkurat wiedergeben zu wollen.
Ein Versuch, der nur in die Hose gehen kann – vor allem in dem kleinformatigen Skizzenbuch, dass ich unterwegs mit mir führe. Denn es fällt mir schwer, eine Szenerie zu vereinfachen. Ich verfalle sehr schnell dem Detailrausch, versuche, so viele Informationen wie möglich in das Bild zu packen. Dabei finde ich persönlich gerade simple, vereinfachte oder gar abstrakte Landschaften wahnsinnig faszinierend – ein Paradoxon.
Eigentlich zum Lachen: Ich kann Korallenriffe malen, aber eine simple Landschaft mit grünen Wiesen und Bäumen stellt mich vor nahezu unlösliche Hürden.
Das ist die richtige Richtung!
Zurück zu meinem Studien-Sonntag.
Am selben Nachmittag sind der Mann und ich noch einmal raus gefahren. Und dieses Mal habe ich einen Sprung ins kalte Wasser gemacht und meine Landschaft wie eines meiner Korallenriffe aufgebaut:
Spontan.
Farbe drauf und fließen lassen.
Dann Kontrast hinein und dezente Details aus dem Waldstück übernommen, vor dem ich stand (ich habe natürlich vergessen, ein Foto von dem Waldstück zu machen…).
Et voilà. Dieser lockere Ansatz gefällt mir sehr gut.
Nun habe ich also eine erste Landschaft, die mir ein wohlwollendes Nicken entlockt. Diese kleine Szenerie hat mich eine Menge gelehrt – vor allem, mal einen Gang zurückzuschalten beim outdoor-pinseln. Und ich hoffe, dieses Wissen beim nächsten Mal nicht wieder vergessen zu haben… 😅