Mein bisher größtes Werk – Unterwasserlandschaft in Aquarell

Meine (derzeitige) Lieblingskunstbedarfsmarke Winsor & Newton hatte für die Zeit von April bis Juni einen Aquarell-Wettbewerb ausgerufen. Das Motiv war vollkommen den Künstler/innen überlassen, aber es durften nur maximal sechs vorgegebene Farben genutzt werden.

Ich liebe ja Herausforderungen 😃 Also habe ich den kompletten Juni an meinem bisher größten Werk gearbeitet.

Wie immer gilt: Wenn dich das Geblubber vorher nicht interessiert, fühl dich frei, direkt zur Bildergalerie weiter unten im Text zu springen 😉

Folgende Farben hatte Winsor & Newton für den Wettbewerb zugelassen:

  • Zitronengelb Dunkel (348)
  • Kobaltviolett (192)
  • Kobalttürkis (190)
  • Grüne Erde (637)
  • Venezianischrot (678)
  • Magnesiumbraun (381)

Davon war das Venezianischrot bereits in meinem Besitz. Die Farbe hatte ich mir im Frühjahr mehr aus Neugierde als Bedarf heraus gekauft (gibt es überhaupt so etwas wie “Bedarf” bei Farben? 😜). Mit Rottönen stehe ich meist ziemlich auf Kriegsfuß, aber ich hatte (und habe immer noch) ein Mangrovenbild vor und suchte ein warmes Braun. Und bisher hat mich das Venezianischrot nicht enttäuscht.

Die fünf anderen zugelassenen Farben waren schon eher speziell. Magnesiumbraun, Kobaltviolett und Grüne Erde sind keine Töne, die ich spontan ins Einkaufswägelchen hätte fallen lassen. Umso überraschter war ich jedoch von dem harmonischen Zusammenspiel der Farbpalette:

Ein ominöses Stimmchen im Hinterkopf flüsterte mir bereits beim Bestellvorgang im Onlineshop meines Vertrauens zu, dass diese Farbpalette perfekt für Unterwasserwelten wäre. Und nachdem ich die Farben ausführlich getestet hatte, musste ich der Hinterkopf-Stimme recht geben.

Farbkarten sehen ja nun erst einmal hübsch aus. Aber es musste ein Praxistest her. Ich wollte mich an das Mischen dieser ungewohnten Farben gewöhnen. Eine Besonderheit ist nämlich, dass alle Farben granulierend sind.

Von Granulation beim Aquarell spricht man, wenn sich die Farbe beim Trocknen in kleinen Pigmentflecken ansammelt. Wird eine Farbe aus mehreren unterschiedlichen Tönen gemischt, kann es sogar passieren, dass sich die einzelnen Pigmente wieder in ihrem ursprünglichen Farbton ansammeln.

Außerdem wollte ich alle verfügbaren Möglichkeiten dieser Farbpalette ausschöpfen.

Der erste Versuch besteht beinahe komplett aus Reinfarben, d. h., ich habe hier so wenig wie möglich gemischt.

Beim zweiten Test habe ich die Arbeitsweise dann umgedreht. Nur das Kobalttürkis durfte an einigen Stellen ungemischt aufs Papier. Alle anderen Farben sind durch Mischungen entstanden.

Der letzte und finale Akt war, ein Bild, welches ich erst vor kurzem gemalt hatte, noch einmal mit dieser Farbpalette neu aufzulegen. Warum? Weil es einfacher ist, ein bereits vorhandenes Werk zu kopieren, als dir was Neues auszudenken. Du hast Schatten, Tiefenperspektive und Details bereits einmal ausgearbeitet, daher ist es beim zweiten Mal nur noch ein simples wiederholen.

Nachdem ich die Farben nun kannte, ging es an das eigentliche Bild.

Winsor & Newton hatte die Einreichung von fünf Beiträgen für den Wettbewerb erlaubt. Ich wollte aber nur ein Bild malen. Dafür in einem größeren Format. All mein bisheriges Wissen und Können sollte da hinein fließen. Klingt hochgestochen, aber wir reden hier immerhin von einem Wettbewerb, nicht wahr? 😉

Also habe ich mir ein großes Stück Papier genommen und erst einmal alles wichtige notiert: Was für Tiere, welcher Stil, was gibt es zu bedenken und und und.

Es ist mir sehr wichtig, glaubhafte Szenerien zu malen. Das bedeutet bei der Auswahl der Tiere, dass diese auch wirklich in der Konstellation in freier Wildbahn angetroffen werden können. Meine Auswahl fiel auf: Maskarill-Masken-Falterfisch, Rotmeer Doktorfisch, Rotmeer Anemonenfisch, Rotmeer Wimpelfisch und Grüne Meeresschildkröte. Wie der Name bei einigen bereits verrät, kommen all diese Meeresbewohner im Roten Meer vor.

Zusätzlich zu meinen Notizen zeichnete ich ein kleines grobes Thumbnail, um meine Idee kurz abzuklären und mir ein Gerüst zu schaffen. Danach folgte noch ein zweites, besser ausgearbeitetes Thumbnail, in dem ich um meinen Hauptcharakter (die Schildkröte) Licht und Schatten geplant habe.

Als nächstes habe ich die Idee in Originalgröße umgesetzt. Nur grob, damit ich meine Elemente besser ausarbeiten und noch kleinere Anpassungen vornehmen konnte:

Sieht wüst aus, oder? 😆

Das ist nur ein Fahrplan für letzte Überlegungen. Hier habe ich dann den Entschluss getroffen, bei einer Vignettenform zu bleiben, also das Bild nicht bis zu den Rändern durchzuziehen. Ich habe mir davon erhofft, dass es eine gewisse Leichtigkeit behält und außerdem mag ich Vignetten 😁

Nachdem ich mit meinem Plan zufrieden war, ging es an die saubere Zeichnung der Illustration.

Ich folge hier mehreren Grundsätzen des Kompositionsaufbaus:

  • Fokus
  • Drittelregelung
  • Anzahl von Elementen
  • Blickrichtungen

Der Fokus liegt im Mittelteil des Bildes (im mittleren Kästchen zwischen den Schnittpunkten 1 – 4) und der Schwerpunkt des gesamten Aufbaus ruht auf der unteren horizontalen Achse der sogenannten Drittelregelung. Nach dieser wird ein Bild in neun gleich große Rechtecke aufgeteilt. 🤓

Sowohl die Drittelregelung als auch der Goldene Schnitt (hier wird das Bild in unterschiedlich große Rechtecke aufgeteilt) wirkt auf den Betrachter harmonisch. Daher solltest du deine wichtigsten Elemente auf einer der Trennungslinien oder auf den Schnittpunkten (Nr. 1 – 4) platzieren.

Allerdings solltest du darauf achten, Freiräume zu lassen. Daher habe ich den Bereich um den Schnittpunkt 1 gegenüber meinem Hauptmotiv, der Schildkröte, frei gelassen. Außerdem habe ich beim Malen im späteren Verlauf darauf geachtet, dass der Kopf der Schildkröte freistehend bleibt, also keine ablenkenden Hintergrundelemente in diesem Teil des Bildes liegen.

Die Anzahl von Elementen ist noch ein wichtiger Punkt: In Gesichtern finden wir Symmetrie sehr anziehend, aber Symmetrie ist für einen Bildaufbau super langweilig. Deshalb nutzt man häufig eine ungerade Zahl von Elementen (in diesem Fall sind es bei mir neun “Charaktere” – Schildkröte, und acht Fische).

Das Ding ist: Wir nehmen es beim Betrachten oft nicht wahr, aber ungerade Zahlen finden wir ansprechend 😉

Zum Thema Blickrichtungen habe ich am Ende eines anderen Beitrages schon einmal etwas zu geschrieben.

Ganz grob: Deine Bildelemente sollten dein Hauptmotiv unterstützen. Sie sorgen dafür, dass der Blick des Betrachters durch das Bild geleitet wird und den Fokus immer wieder auf dein wichtigstes Element (bei mir die Schildkröte) zurückführen.


Ich bin kein Profi, was das ganze Thema rund um Komposition angeht. Hier ist sicher der ein oder andere Fehler enthalten. Aber ich versuche, auf diesem Gebiet besser zu werden.

Am Ende hatte ich jedenfalls eine Zeichnung, die die wichtigsten Elemente und gleichzeitig ganz viel Platz für Spontanität bereit hielt.

Zeit, ein Korallenriff zu bauen 😃

Mehr gibt es nicht mehr zu sagen, daher lasse ich ab jetzt die Bilder aus dem Entstehungsprozess sprechen. Insgesamt hat mich dieses Bild 35 Stunden beschäftigt.

Material

Pinsel
da Vinci Casaneo Verwaschpinsel Gr. 4 und Gr. 0
Sarah Burns Studio x Craftamo Rundpinsel Gr. 12
Winsor & Newton Cotman Designers Serie 222 Rundpinsel Gr. 3
da Vinci Nova Synthetics Rundpinsel Gr. 1
→ Das sind meine absoluten Lieblingspinsel, die ich in fast jedem Bild verwende 💙

Papier
Hahnemühle Britannia 300g/m² cold pressed | 30 x 40 cm

Farben (Winsor & Newton)
Zitronengelb Dunkel (348)
Kobaltviolett (192)
Kobalttürkis (190)
Grüne Erde (637)
Venezianischrot (678)
Magnesiumbraun (381)

(Klick auf ein Bild, um es zu vergrößern)

„Where my heart belongs“ (Juni 2024) | Aquarell 30 x 40 cm


Um ehrlich zu sein, habe ich von der Granulation der Farben so gut wie keinen Gebrauch gemacht. Da ich in vielen transparenten Schichten arbeite, kommt dieser Effekt nicht richtig zum Tragen. Wahrscheinlich bin ich deshalb am Ziel des Wettbewerbs vorbeigerauscht 😆 Aber: Mein persönliches Ziel war es, herauszufinden, wie weit ich diese sechs Farben schubsen kann, damit eine glaubhafte Unterwasserwelt entsteht. Und ich denke, dass ist mir gelungen.

Diese Farbkombination hat sich definitiv tief in mein Herz gegraben. Meiner Meinung nach ist es eine perfekte Palette für Landschaften (vor allem für Unterwasser-Landschaften 😁) und sie wird in Zukunft noch viel Gebrauch in meinen Arbeiten finden 💙

Dieses Bild ist übrigens ein sehr guter Beweis dafür, wie wichtig es ist, dass du das Mischen von Farben lernst. Natürlich kannst du dir alle erdenklichen Farbtöne einzeln kaufen (wenn du sie denn unbedingt alle brauchst). Oder weil irgendein bekannter Kreativaccount seinen Namen auf einen Farbkasten geklebt hat. Und verstehe mich bitte nicht falsch: Ich LIEBE es auch, neue Farben zu shoppen.

Aber um ein harmonisches Bild zu schaffen, ist weniger manchmal mehr 😉

Trau dich, mit Limitationen zu arbeiten. Deine Werke und auch deine Selbstsicherheit werden davon profitieren.


Leider habe ich es tatsächlich nicht aufs Siegertreppchen geschafft. Am 15. Juli wurden die Ergebnisse bekannt gegeben. Trotzdem: Es war eine unbeschreibliche Erfahrung, dieses komplexe und große Bild zu malen. Und die Resonanz, die ich auf Instagram dafür erhalten habe, haut mich bis heute um 💙💙💙

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Hey! Ich bin Saskia,

Mixed-Media-Künstlerin aus Nordhessen. Wenn ich nicht gerade in meinem Studio sitze, findest du mich draußen in den Wäldern, bewaffnet mit Skizzenbuch und Kamera.

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